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„Fotos haben oberste Priorität! Ohne Fotos hat es nicht stattgefunden.“ So, oder so ähnlich muss die Weisung gelautet haben, als die USA das Großereignis Mondlandung bzw. das entsprechende Medienspektakel für Millionen ZuseherInnen vorbereiteten. Nur wirkmächtige Bilder würden die 25-Milliarden-Dollar-Mission glaubhaft machen oder besser beweisen können. Tatsächlich brachten die Astronauten der Apollo 11 sensationell brillante Fotos mit. Hasselblad und Zeiss hatten alles geboten, was technisch möglich war. Die Fotos waren so überzeugend wie ein Jahr zuvor die Filmaufnahmen in Stanley Kubricks 2001: A Space Odyssey. Dabei waren erstere nicht bei idealen Bedingungen im Studio entstanden, sondern bei extremen Außentemperaturen zwischen minus 160° und plus 130° – für analoge Filme denkbar schlechte Bedingungen. Sowohl die authentischen Bilder der Astronauten als auch die trickreich inszenierten Bilder Kubricks ließen keine Zweifel darüber entstehen, dass sich die Menschheit im Weltall frei bewegen könne. Skeptiker meinten folglich zahlreiche Fehler in den ikonischen NASA-Bildern zu entdecken und witterten einer Studio-Inszenierung, die kaum jemand hätte besser realisieren können als Kubrick, oder wie sie im Film Capricorn One (Peter Hyams, 1978) vorgeführt wird.
Hier setzt Alwin Lay an: Die Objekte, die er auf seiner (Mond)Bühne landen lässt, führen ein erstaunlich souveränes Eigenleben. Er verschiebt die Proportionen zu ihren Gunsten, überwindet ihre Schwerkraft, versetzt etwa den Geschenksband-Klassiker AMERICA in einen Schwebezustand, oder findet eine Lösung für die fehlende Atmosphäre am Mond, indem er seinen Permanent Sparkler kurzerhand mit einem Sauerstofftank versorgt. Er verfremdet fotografische Werkzeuge – so wird die Fachkamera zur Mondlandefähre und ein Super-Rocket-air Blower aus dem Reinigungsset darf endlich seinem Namen folgen und durchstarten. Wie Kubrick verwendet er die Frontprojektion, damit die zum Greifen nahen Vordergrundszenen in einen projizierten Hintergrund verlaufen, gleichzeitig lässt er Bildfehler zu, um die Perfektion zu brechen und das Schauspiel zu enttarnen. Aber ganz besonders reizt es Alwin Lay mit seinen kraftvollen Fotografien unser Vorstellungsvermögen zu aktivieren, denn die heiteren Science-Fiction-Szenarien bringen uns nicht nur zum Schmunzeln, sondern provozieren mit ihren detaillierten Behauptungen auch, uns ihre Realität auszumalen – ähnlich wie die ZuseherInnen 1969 schließlich überzeugt waren: „Da oben ist einer von uns“.
Text: Ruth Horak
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“Photos are the top priority! Pictures, or it didn’t happen!” This must have been what the order sounded like when the United States prepared for the moon landing and the accompanying media spectacle for millions of viewers. Only powerful pictures would make the 25-billion-dollar mission believable—or better yet: prove it. In fact, the Apollo 11 astronauts brought home some breathtakingly brilliant photographs. Hasselblad and Zeiss had fired on all cylinders in terms of what technology had to offer. The photos were as convincing as the footage Stanley Kubrick released a year prior in 2001: A Space Odyssey. And yet, the former were not made in the ideal environment of a studio but in extreme temperatures of 130 and negative 160 degrees Celsius—terrible conditions for analog film. Both the authentic images by the astronauts and Kubrick’s stunning practical visual effects would eliminate all doubt that people could move freely in outer space. Some skeptics still claimed to have discovered numerous glitches in the iconic NASA images, suspecting them to have been faked in a studio—and no-one could have done a better job at doctoring them than Stanley Kubrick (see also Peter Hyams’s Capricorn One from 1978).
This is where Alwin Lay comes in. The objects he lands on his (lunar) stage have a surprising life of their own. He warps proportions to their benefit, overcomes gravity—thus making the AMERICA-brand curly ribbon float—or finds a solution for the lack of atmosphere on the moon by simply supplying his Permanent Sparkler with oxygen. And he repurposes photographic tools—his view camera becomes the lunar module—and a Super Rocket-Air Blower from the cleaning supplies shelf finally gets to live up to its name and takes off. Like Kubrick, Lay uses front-screen projection for his foreground scenes to blend into a projected background; at the same time, he makes room for error to disrupt the perfection and unmask the spectacle. Most importantly, he uses his powerful photographs to activate our imagination, as the cheerful science-fiction scenes not only make us smile but also egg us on to imagine their reality—much like television audiences in 1969 were finally convinced that up there, well, that’s one of us!
Text: Ruth Horak